Hauptforschungsergebnisse in einfachen Worten ...

 

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Die folgende Darstellung der wichtigsten Forschungsergebnisse hat eine verständliche Übersichtlichkeit zum Ziel, dies selbstverständlich nicht ohne Verlust einer präzisen Wissenschaftlichkeit. Die genauen Ergebnisse können in den Originalpublikationen nachgelesen werden.

 

 

 

Schizophrenie

 

- Gewichtszunahmen unter Antipsychotika sind zu einem großen Teil auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen. Folgende klinische Prädiktoren für eine Antipsychotika-induzierte Gewichtszunahme konnten identifiziert werden: ein erhöhter BMI vor Erkrankungs-/Behandlungsbeginn, erhöhte BMI-Werte der Eltern, junges Alter, weibliches Geschlecht, Nichtraucher, Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (letzteres vermutlich wg. der entsprechend langen Behandlungsdauer). Ein niedriger BMI führt lediglich zu einer beschleunigten Gewichtszunahme (nicht aber zu einem insgesamt hohen Ausmaß der Gewichtszunahme), wahrscheinlich im Sinne eines Aufholens eines zuvor stattgehabten Gewichtsverlusts im Rahmen der beginnenden Psychose. Damit konnte der über Jahrzehnte bestehende Irrtum der Fachwelt aus Kurzzeitstudien aus dem Weg geräumt werden, dass ein niedriges Körpergewicht zu einer Antipsychotika-induzierten Gewichtszunahme führen würde. Patienten mit Essstörungssymptomen in der Vorgeschichte bekommen auch unter Antipsychotika, die eine Appetitzunahme anregen, eher wieder Essstörungssymptome.

 

- Motorische Nebenwirkungen von atypischen Antipsychotika treten auch bei Adoleszenten auf, sind jedoch in der Ausprägung deutlich reduzierter als unter Typika. Dennoch sind ein junges Alter und eine starke Ausprägung der Psychopathologie mit hochpotenten, hochdosierten, v.a. typischen Antipsychotika Risikofaktoren für die Ausbildung motorischer Nebenwirkungen, welche v.a. mit schizophrener Negativsymptomatik korrelieren. Im Gegensatz zu parkinsonoiden und aktahiformen extrapyramidal-motorischen Symptomen scheinen die tardiven Dyskinesien eine verstärkt morbogene (genetische) Komponente zu haben, die durch Antipsychotika getriggert wird.

 

- Die Ergebnisse einer Pfadanalyse legen nahe, dass ein langes Prodromalstadium das Risiko für eine  Negativsymptomatik erhöht, während ein verzögerter Beginn der antipsychotischen Behandlung nach bereits begonnener psychotischer Symptomatik langfristig zu einer verstärkten Manifestation und Schwere positiver Symptome führt.      

 

- Ein Psychosemodell wurde entwickelt, das die psychotische Symptomatik als eine Mustererkennungsstörung auf neurobiologischer Ebene i.S.e. Störung des Abgleichs von Ist- und Soll-Output-Patterns beschreibt.

 

 

 

Depression und Schmerz

 

- Patienten mit einer Schmerzsymptomatik im Rahmen einer depressiven Störung erleben eine Linderung der Schmerzen, wenn sich die Depressivität bessert. Eine Behandlung der Schmerzsymptomatik ist also nicht nötig, sondern vor allem eine Depressionsbehandlung, die möglicherweise nicht unbedingt nur medikamentös sein muss. Dabei ist vor allem die Effektivität der Depressionsbehandlung ausschlaggebend, nicht bestimmte Antidepressiva-Substanzgruppen. Für den einzelnen Patienten heißt das, dass sich die Wahl des Antidepressivums nach dem individuellen Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil richtet, nicht nach einer vermeintlich besseren schmerzlindernden Wirkung. (Über Patienten mit einer chronischen Schmerzsymptomatik und einer sekundären Depression wird dabei keine Aussage gemacht.)

 

- Antidepressiva führen zu einer Normalisierung der Zytokine.

 

- Musik kann in der Chronischen-Schmerz-Simulation die Schmerzwahrnehmung bei depressiven Patienten reduzieren.

 

 

 

Patientenzufriedenheit

 

- Für die Behandlungszufriedenheit von psychiatrischen Patienten ist im Wesentlichen der Therapieeffekt, die Medikamentenverträglichkeit und die Diagnose verantwortlich (nicht - wie in früheren Studien - Variablen wie Alter und Geschlecht). Was die Diagnose betrifft, so haben Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung eine niedrigere Behandlungszufriedenheit in einem allgemeinpsychiatrischen Behandlungs-Setting; bei diesen Patienten steht die Zufriedenheit besonders stark in Zusammenhang mit der Symptomverbesserung im Rahmen der Behandlung, während die Bedeutung von Psychopharmaka gering ist.

 

 

 

Emotionsmodulation durch Musik im Alltag bei psychischen Störungen

 

 

- Menschen nutzen Musik im Alltag zur Emotionsmodulation. Während Individuen aus der Allgemeinbevölkerung Musik im Alltag vor allem dazu nutzen, um Freude zu verspüren, nutzen Patienten mit psychischen Störungen Musik im Alltag eher dazu, negative Affekte abzubauen. Und dies umso mehr, je schwerer die Beeinträchtigung der Erkrankung im Alltag ist, insbesondere bei jungen Erwachsenen. Patienten, die sich von Musik eine positive Bedeutung versprechen, haben meist ein höheres Funktionsniveau und können mehr wahrnehmen, dass Musik ihnen hilft. Jedoch kommt es nur zur Symptomreduktion bei den Patienten, die die Musik zur Emotionsmodulation einsetzen, unabhängig von der Schwere der Erkrankung oder von bestimmten Persönlichkeitsdimensionen. Gerade Patienten, die keinen positiven Zugang zu Musik haben, könnten hier von einer Anleitung profitieren. Patienten, die ein vergleichsweise hohes (Selbst-)Vertrauen haben, können Musik mehr dafür einsetzen, Freude zu empfinden. Patienten mit Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen nutzen Musik verstärkt zur Entspannung, zum Problemlösen und zum Abbau negativer Affekte, während Patienten mit einer schizophrenen Erkrankungen und auch mit depressiven Störungen Musik vermehrt zur Entspannung nutzen. Patienten mit einer reduzierten Ich-Stärke wechseln bei Beginn der Erkrankung eher den Musikstil. Patienten mit Persönlichkeitsstörungen präferieren eher komplexe Musik (z.B. Klassik), können diese aber weniger als gesunde Kontrollprobanden einsetzen, um Freude zu haben. Patienten mit Zwangsspektrum-Symptomen befinden sich im "Mittelfeld" zwischen Patienten mit anderen psychischen Störungen, die zum Teil übermäßig viel Musik verwenden, um negative Emotionen zu reduzieren, und gesunden Kontrollpersonen, die Musik eher zur positiven Stimulation verwenden. Frauen scheinen Musik etwas stärker zur Emotionsmodulation einzusetzen als Männer, insbes. zum Entspannen und zum Problemlösen, bei den gesunden Kontrollen auch vermehrt, um Freude zu verspüren. Allerdings scheinen psychisch erkrankte Frauen mit einem negativen Selbstwert Musik auch vermehrt einzusetzen, selbst wenn sie dadurch eher niedergestimmt werden. Patienten, die sich als musikalische Individuen  bezeichnen, haben ein positives Selbstbild von sich und können Musik mehr zur Entspannung und zur Verringerung der negativen Affektivität verwenden. Darüber hinaus geben musikalische Menschen solche Emotionsmodulationsstrategien nicht auf, wenn sie an einer psychischen Störung erkranken, was auf ein höheres Maß an Selbstwirksamkeit schließen lässt. Letzteres sollte wiederum für den therapeutischen Erfolg hilfreich sein.

 

Musiktherapie unterstützt Patienten mit psychischen Störungen darin, ihre Persönlichkeitsressourcen weiter zu entwickeln, um mit Musik im Alltag auch Probleme zu lösen, was die Patienten als äußerst hilfreich erleben. Während Patienten ohne Musiktherapie Musik eher zum Abreagieren negativer Affekte nutzen, können Musiktherapie-Patienten mit Musik im Alltag situativer, achtsamer und unabhängiger von früheren Bindungsmustern umgehen und damit auch Einfluss auf ihre Persönlichkeitsdimensionen nehmen. Darüberhinaus führt Musiktherapie zu einem vertrauensvolleren, d.h. sozial-offeneren Umgang mit Musik im Alltag, so dass emotionale Prozesse besser zugelassen und transformiert werden können.  

 

 

Bindung

 

- Bei Patienten mit psychischen Störungen steht insbesondere die Ich-Stärke im Erwachsenenalter mit elterlicher (v.a. mütterlicher) Fürsorge im Kindesalter positiv im Zusammenhang, während ein reziproker Zusammenhang der Ich-Stärke mit elterlichem Kontrollverhalten im Kindesalter besteht.

 

- Patienten mit Persönlichkeitsstörungen beschrieben am häufigsten einen „wenig liebevoll, einschränkenden“ Bindungsstil mit signifikant weniger mütterlicher Fürsorge in der Kindheit und geringerer Ich-Stärke im Erwachsenenalter.

 

- Ein konstruktives Bindungsverhalten auf Großeltern-Ebene korrelierte signifikant mit einem funktionalen Bindungsverhalten auf der Mutter-Ebene, welches wiederum mit einer Reduktion internaler und externaler psychischen Auffälligkeiten auf der Kind-Ebene korrelierte. Als zentrales Element stellte sich die Fürsorge über die Generationen hinweg heraus.